BGG-Schlichtungsstelle auch zuständig bei Konflikten über Sozialleistungen
BGG-Schlichtungsstelle auch zuständig bei Konflikten über Sozialleistungen
Seit Dezember 2016 gibt es die Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Sie ist bei dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen angesiedelt.
Menschen mit Behinderungen können sich an die Schlichtungsstelle wenden, wenn sie der Ansicht sind, durch einen Träger öffentlicher Gewalt in einem Recht nach dem BGG verletzt worden zu sein. Antragsteller können sowohl Einzelpersonen als auch Verbände sein.
Als Antragsgegner kommen nur Träger öffentlicher Gewalt in Betracht. Dies sind zum Beispiel Bundesministerien und nachgeordnete Bundesbehörden sowie Sozialversicherungsträger, die eine Zuständigkeit in ganz Deutschland haben.
Im Bereich des Sozialrechts war bisher jedoch offen, welche angemessenen Vorkehrungen Behörden im Einzelfall zur Verfügung stellen müssen, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt teilhaben und ihre Rechte ausüben können, und inwieweit diese Pflicht über das BGG eingefordert werden kann. Angemessene Vorkehrungen sind notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen und ausüben können. Eine angemessene Vorkehrung kann zum Beispiel eine Assistenz sein, wenn ein Gebäude nicht barrierefrei zugänglich ist. Auch die Bereitstellung eines Kommunikationshelfers oder einer technischen Arbeitshilfe sind angemessene Vorkehrungen, wenn es an genereller Barrierefreiheit fehlt.
Sie dürfen jedoch keine unverhältnismäßige oder ungerechtfertigte Belastung für den Träger öffentlicher Gewalt darstellen. Es wurde ein Rechtsgutachten zum Thema „Angemessene Vorkehrungen und Sozialrecht“ in Auftrag gegeben, um die Reichweite des BGG zu klären, und damit auch den Kompetenzbereich der Schlichtungsstelle zu definieren.
Das Rechtsgutachten von Felix Welti, Professor für Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung (Universität Kassel), liegt nun vor. Danach kann die unabhängige Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) auch eingeschaltet werden, wenn es Probleme bei der Genehmigung von Sozialleistungen durch Bundesbehörden gibt.
Weitere Schlussfolgerungen sind unter anderem:
- Die umfassende Pflicht der Sozialleistungsträger zu angemessenen Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen ist ein wesentlicher Inhalt des Benachteiligungsverbots nach § 7 BGG. Sie folgt aus dem Grundgesetz, aus den EU-Gleichbehandlungsrichtlinien und aus der UN-Behindertenrechtskonvention.
- Die Pflicht zu angemessenen Vorkehrungen der Sozialleistungsträger gilt insbesondere für das Verfahren einschließlich Beratung, Amtsermittlung und Mitwirkungspflichten.
- Die Benachteiligungsverbote in den Sozialgesetzbüchern sind im Einklang mit § 7 BGG auszulegen. Sie beschränken den Anwendungsbereich des BGG nicht, und ermöglichen ein Schlichtungsverfahren durch die Schlichtungsstelle nach dem BGG bei Konflikten zur Genehmigung von Sozialleistungen durch Bundesbehörden.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, begrüßt die Ergebnisse des Gutachtens. Das Gutachten stärkt nach seiner Auffassung die rechtssichere Arbeit der Schlichtungsstelle, wenn es um Sozialleistungen geht. Damit kann sie Menschen mit Behinderungen bei der Durchsetzung ihres Rechts noch besser unterstützen. Weiter erhofft er sich wichtige Impulse für die gleichberechtigte Teilhabe insgesamt. Das Gutachten kann aus seiner Sicht Denkanstöße für die Übernahme des Konzepts der „Angemessenen Vorkehrungen“ in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz liefern, was nach dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien in dieser Legislaturperiode geprüft werden soll.
Das vollständige Gutachten ist auf der Webseite der Schlichtungsstelle BGG abrufbar. Den Link finden Sie unter diesem Film.
Hintergrund-Informationen zu der BGG-Schlichtungsstelle
An die Schlichtungsstelle können sich Einzelpersonen und Verbände kostenfrei und ohne Hürden wenden, wenn sie ihr Recht auf Barrierefreiheit oder das Verbot der Benachteiligung durch Dienststellen und Einrichtungen der Bundesverwaltung verletzt sehen. Sie ist angesiedelt beim Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen und im Rahmen ihrer Schlichtungstätigkeit weisungsfrei.
Den Link zur Internetseite der Schlichtungsstelle BGG finden Sie ebenfalls unter diesem Film.
Das BGG ist 2002 in Kraft getreten und soll eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen beseitigen oder verhindern und die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben gewährleisten. Es bezieht sich in erster Linie auf Träger öffentlicher Gewalt auf Bundesebene.
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